Sind Zinsforderungen der SOKA berechtigt?

Nach­dem die Recht­spre­chung mitt­ler­wei­le über­wie­gend annimmt, dass das Sozi­al­kas­sen-Siche­rungs­ge­setz (Soka­S­iG) rechts­kon­form zustan­de gekom­men ist (LAG Hes­sen, 02.06.2017 – 10 Sa 907/16), geht die SOKA-Bau dazu über, Zin­sen auf Bei­trags­for­de­run­gen für die Ver­gan­gen­heit zu erhe­ben. Die­ser Zins­an­spruch ergibt sich aus § 14 Abs. 1 VTV und beträgt 1% pro Monat. Der Zins­an­spruch min­dert sich wie der Anspruch der SOKA gene­rell um Urlaubs­er­stat­tun­gen, die an Arbeit­neh­mer aus­ge­zahlt wor­den sind, jedoch nur dann, wenn die­se Aus­zah­lung die zu zah­len­den Bei­trä­ge über­steigt, oder der Arbeit­ge­ber die Dif­fe­renz vor­her an die SOKA erstat­tet hat.

Das ergibt sich aus § 12 Abs. 2 VTV:
Wird ein Arbeit­ge­ber rück­wir­kend zur Mel­dung und Bei­trags­zah­lung her­an­ge­zo­gen, so besteht Anspruch auf Erstat­tung der den Arbeit­neh­mern in den rück­wir­kend erfass­ten Abrech­nungs­zeit­räu­men gewähr­ten Urlaubs­ver­gü­tun­gen, höchs­tens jedoch in Höhe der in § 8 BRTV für den jewei­li­gen Abrech­nungs­zeit­raum fest­ge­leg­ten Leis­tun­gen und nur für sol­che Abrech­nungs­zeit­räu­me, für die Bei­trä­ge ent­rich­tet wor­den sind.

Kon­kret dann § 18 Abs. 2 VTV:
Die Ein­zugs­stel­le soll Erstat­tun­gen nach § 12 Abs. 1 die­ses Tarif­ver­tra­ges sowie nach §§ 19, 20 BBTV und nach §§ 3, 8 VTV Berufs­bil­dung-Ber­lin dem Bei­trags­kon­to gut­schrei­ben, wenn die fäl­li­gen Mel­dun­gen voll­stän­dig vor­lie­gen, kei­ne Zwei­fel an der Recht­mä­ßig­keit der gel­tend gemach­ten Erstat­tun­gen bestehen und für den Fall, dass die Bei­trags­for­de­rung den Erstat­tungs­be­trag über­steigt, der Dif­fe­renz­be­trag ein­schließ­lich der Ver­zugs­zin­sen und Kos­ten nach § 20 vor­ab gezahlt wurde.

Hier kommt es nun häu­fi­ger zu einer Kon­stel­la­ti­on, in der ein Unter­neh­men grund­sätz­lich gegen­über der ULAK bei­trags­pflich­tig ist, jedoch den Betrag ins­ge­samt nicht auf­brin­gen kann, der geschul­det ist. Auf der ande­ren Sei­te ste­hen For­de­run­gen auf Rück­erstat­tung von Urlaub, der an die eige­nen Arbeit­neh­mer aus­ge­zahlt wor­den ist. Das Unter­neh­men schul­det also einer­seits Bei­trä­ge in hohem Umfang und ist nicht in der Lage, die­se Bei­trä­ge voll­stän­dig auf­zu­brin­gen. Auf der ande­ren Sei­te besitzt es Gegen­for­de­run­gen gegen die SOKA, die in der Höhe etwas gerin­ger sind.

Ein Beispiel

Vor kur­zem wur­de von uns ein Unter­neh­men bera­ten, wel­ches der ULAK 70.000 € zu zah­len hat­te, wäh­rend auf der ande­ren Sei­te Gegen­for­de­run­gen in Höhe von 50.000 € im Raum stan­den. Nach dem Wort­laut des Tarif­ver­tra­ges ist eine Sal­die­rung nur dann zuläs­sig, wenn die auf­zu­rech­nen­den Bei­trä­ge in der Höhe min­des­tens den geschul­de­ten Bei­trä­gen ent­spre­chen (vgl. § 12 Abs. 2 VTV). Dann fragt sich, ob das Unter­neh­men die vol­len 70.000 € ver­zin­sen muss, oder ob sich die Zins­for­de­rung der ULAK ledig­lich auf den Dif­fe­renz­be­trag in Höhe von 20.000 € bezieht.

Die ULAK ver­tritt in Schrei­ben, die aktu­ell häu­fi­ger ver­sandt wer­den, die erst­ge­nann­te Auf­fas­sung und for­dert die vol­len Zin­sen auf 70.000 €. Bei einem Zins­satz von 12 % pro Jahr kom­men hier schnell sehr hohe Beträ­ge zusammen.

Nach dem Wort­laut des Tarif­ver­tra­ges VTV ist die­ses Vor­ge­hen zunächst auch zuläs­sig. So sieht § 12 Abs. 2 VTV vor, dass eine Auf­rech­nung nur zuläs­sig ist, wenn sämt­li­che Bei­trä­ge an die ULAK gezahlt wor­den sind. Das bezieht sich glei­cher­ma­ßen auf die Zinsforderung.

Aller­dings ist es denk­bar, dass die­se Tarif­re­ge­lung ins­ge­samt sit­ten­wid­rig ist, da sie den schon an sich aus der Zeit gefal­le­nen sehr hohen Zins­satz von 12 % in bestimm­ten Fäl­len damit ver­bin­det, dass eine Til­gung für ein Unter­neh­men fak­tisch nicht mög­lich ist, obwohl Bereit­schaft zu Teil­zah­lun­gen besteht. Wir sind letzt­ge­nann­ter Auf­fas­sung, wenn­gleich gericht­li­che Ent­schei­dun­gen, die sich mit die­ser Fra­ge beschäf­ti­gen, der­zeit noch aus­ste­hen. Es bleibt abzu­war­ten, wann ein­mal ein Unter­neh­men bereit ist, die­se Fra­ge gericht­lich über­prü­fen zu lassen.