SOKA-Bau Pflichtmitgliedschaft: Wann besteht eine Beitragspflicht?
Alle Betriebe des Baugewerbes sind automatisch Pflichtmitglieder der SOKA-Bau und damit beitragspflichtig. Insoweit handelt es sich dabei um eine Zwangsabgabe. Ob ein Betrieb als baugewerblicher Betrieb einzustufen ist, hängt davon ab, ob er dem Geltungsbereich des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) unterfällt.
Räumlicher Geltungsbereich
Der räumliche Geltungsbereich umfasst das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei genügt es, wenn die baugewerbliche Leistung im Inland erbracht wird, der Betriebssitz des Arbeitgebers sich aber im Ausland befindet.
Betrieblicher Geltungsbereich
Jedenfalls umfasst sind alle Betriebe, die überwiegend eine der 46 beispielhaft genannten Tätigkeiten ausführen (§ 1 Abs. 2 Abschnitt IV und Abschnitt V VTV). Die Leistung gilt dann als überwiegend erbracht, wenn arbeitszeitlich gesehen mehr als die Hälfte der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf derartige bauliche Leistungen entfällt.
Erbringt der Betrieb zwar eine der genannten Beispielstätigkeiten, aber nicht überwiegend, kann er dennoch als baugewerblicher zu qualifizieren sein, wenn er eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten ausführt:
- Bauten aller Art erstellt, oder
- bauliche Leistungen erbringt, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, oder
- sonstige bauliche Leistungen erbringt.
Liegen diese zusätzlichen allgemeinen Voraussetzungen vor, ist es sogar unerheblich, ob die ausgeführte Tätigkeit in § 1 Abs. 2 Abschnitt IV oder V des Tarifvertrags explizit aufgezählt ist, da die Vorschrift keineswegs abschließend ist, sondern liefert nur Beispiele für Betriebe, die eindeutig dem Baugewerbe zuzurechnen sind.
Auch wenn die Leistung nur in einem selbstständigen Betriebsteil erbracht wird, kann für diese Abteilung eine Beitragspflicht bestehen, da auch diese als Betrieb im Sinne des Tarifvertrages gelten.
Beispiel
Ein Unternehmen führt Fassadenbauarbeiten aus und handelt zudem mit Bedachungen und Zubehör im Bereich Fassaden. In dem Betrieb werden 10 Fassadenbauer und 5 Arbeitnehmer im Handel beschäftigt.
Möglichkeit 1: Der Betrieb führt überwiegend Leistungen im Fassadenbau aus, d.h. die Arbeitszeit der Fassadenbauer beträgt über 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. In diesem Fall besteht eine Beitragspflicht für alle 15 Mitarbeiter, selbst wenn im Bereich des Handels ein höherer Umsatz erzielt wird.
Möglichkeit 2: Handel und Betrieb sind personell und organisatorisch voneinander getrennt. Hier bildet der Fassadenbau eine selbstständige organisatorische Einheit, die baugewerbliche Leistungen erbringt. In diesem Fall muss nur für die 10 Mitarbeiter des Fassadenbaus der Beitrag gezahlt werden, nicht aber für die im Handel beschäftigten.
Vor‑, Nach- und Nebenarbeiten
Die genannten Kriterien verdeutlichen, dass der Begriff der baugewerblichen Tätigkeit weit zu verstehen ist. Weiterhin wichtig ist zu beachten: Der Tarifvertrag unterscheidet nicht zwischen Bauhauptgewerbe und Baunebengewerbe. Ebenfalls erfasst sind daher diejenigen Vor‑, Nach- und Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. So können zum Beispiel der Transport von Baumaterialien oder die Entsorgung von Bauschutt als baugewerbliche Leistung zu qualifizieren sein. Selbst wenn die Aufgaben von Subunternehmern übernommen werden, kann eine Beitragspflicht bestehen, weil es nur darauf ankommt, ob die Arbeit unter einheitlicher Leitung innerhalb einer organisatorischen Einheit verrichtet wird. Dieses weite Verständnis hat zur Konsequenz, dass auch eigentlich baufremde Betriebe erfasst werden, soweit sie die oben genannten Kriterien erfüllen.
Fazit: Bei Vor‑, Nach- und Nebenarbeiten besteht nur dann keine Beitragspflicht, wenn die Arbeiten in keinem Zusammenhang mit der baulichen Leistung stehen. Führt nicht der Betrieb selbst, sondern ein Subunternehmer die Arbeit aus, besteht dann keine Beitragspflicht, wenn die bauliche Hauptleistung und die Nebenleistung getrennten Unternehmen zugeordnet sind und der Betrieb auch sonst nicht schon überwiegend bauliche Leistungen erbringt und deshalb zahlungspflichtig ist.
Allgemeinverbindlichkeit: Geltung unabhängig von Mitgliedschaft in Arbeitgeberverband
Da der Tarifvertrag zudem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt wurde, gilt er für sämtliche Arbeitgeber unabhängig von ihrer Mitgliedschaft im vertragsschließenden Bauverband. Das bedeutet: Alle Betriebe, die unter den Anwendungsbereich des Tarifvertrags fallen, sind automatisch beitragspflichtig. Ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlichkeit des VTV tatsächlichen vorliegen ist zwar rechtlich keineswegs unumstritten; die Arbeitsgerichte bejahen dies aber regelmäßig, so zuletzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Beschluss vom 20.11.2018.
Persönlicher Geltungsbereich
Vom persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfasst sind:
- Gewerbliche Arbeitnehmer (auch die wegen geringfügiger Beschäftigung nicht versicherungspflichtigen),
- Angestellte,
- Dienstpflichtige Arbeitnehmer,
- Auszubildende.