Ausländische Unternehmen
Informationen für ausländische Unternehmen, die in Deutschland Bauleistungen erbringen. Tätigkeiten ausländischer Bauunternehmen in Deutschland unterfallen einer Beitragspflicht zur SOKA-Bau.
1. Was ist die SOKA-Bau?
Aufgabe der SOKA-Bau ist es, Ansprüche einzelner Arbeitnehmer auf Urlaubsgewährung zu sichern, die durch oft nur sehr kurze Unternehmenszugehörigkeiten gefährdet sind. Das geschieht durch verschiedene Abgaben, die von den Arbeitgebern erhoben werden, sofern sie als Baubetriebe klassifiziert sind.
Die SOKA-Bau ist jedoch keine staatliche Einrichtung, sondern wird von den Tarifparteien der Bauindustrie getragen! Ihr stehen also nicht die Mittel öffentlicher Institutionen oder von Sozialversicherungsträgern zur Verfügung. „Beitragsbescheide“ gibt es nicht, sondern nur einfache Forderungen, die nicht im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden können.
2. Beitragspflicht
Die Finanzierung der Leistungen der SOKA-Bau erfolgt durch Beitragserhebungen nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV).
Beitragspflichtig sind alle Unternehmen, die überwiegend in Deutschland bauliche Leistungen erbringen. Das gilt auch für ausländische Unternehmen, die nur vorübergehend in Deutschland tätig sind.
Die Beitragshöhe ist abhängig von den für die gewerblichen Arbeitnehmer gezahlten Bruttolöhnen und unterscheidet sich außerdem danach, in welchem Bundesland sich der Sitz des Betriebs bzw. seine Tätigkeit befindet. Seit dem Kalenderjahr 2022 beträgt der Gesamtbeitrag zum Sozialkassenverfahren in den alten Bundesländern 20,8 %, in den neuen 18,7 % und in Berlin 25,75 % (West) bzw. 23,65 % (Ost). Der Großteil des Beitrags (15,2 %) ist für das Urlaubskassenverfahren vorgesehen.
3. Urlaubsverfahren
Das wichtigste Verfahren ist das Urlaubsverfahren. Hier sieht der Tarifvertrag vor, dass der Arbeitgeber, bei dem der Beschäftigte den Urlaub nimmt, den Gesamturlaub des Arbeitnehmers zu bezahlen hat. Die zuständige Urlaubskasse (ULAK) erstattet dem Arbeitgeber anschließend die von ihm an den Arbeitnehmer ausgezahlte Urlaubsvergütung.
Sofern die SOKA-Bau das Unternehmen auf Beitragszahlung in Anspruch nimmt, kann es auch später noch mit dem an die Belegschaft gezahlten Urlaubsentgelt aufrechnen. Das setzt allerdings
- eine erfolgte Meldung (§ 12 Abs. 1 VTV),
- die tatsächliche Zahlung des Urlaubsentgelts (vgl. § 12 Abs. 1 VTV) und
- die vollständige Beitragszahlung (§ 12 Abs. 2 VTV)
voraus.
4. Geltungsbereich des VTV
Unabhängig von einer Verbandsmitgliedschaft besteht die Pflicht zur Beitragszahlung für Betriebe in einem Unternehmen, die als „Betrieb des Baugewerbes“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 VTV) einzustufen sind. Das wiederum hängt davon ab, ob er dem Geltungsbereich des VTV unterfällt. Wie andere Tarifverträge unterscheidet der VTV nach räumlichem und betrieblichem Geltungsbereich.
Räumlich umfasst der Anwendungsbereich des VTV das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Das ist bei Fällen mit Auslandsbezug immer im einzelnen zu prüfen; oftmals wird die Beitragspflicht jedoch zu bejahen sein.
Große Schwierigkeiten bereitet die Einordnung in den betrieblichen Geltungsbereich: Kurz gesagt, müssen die Betriebe überwiegend, also zu mehr als 50 % der geleisteten Arbeitsstunden, bauliche Leistungen erbringen. Präziser definiert das § 1 Abs. 2 VTV, der nochmal in sieben Unterabschnitte gegliedert ist.
Die Prüfung beginnt mit § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV, in dem 42 Regelbeispiele für einzelne Baubranchen aufgezählt werden, deren Betriebe dem VTV als Pflichtmitglieder unterfallen. Findet man sein Gewerbe hier nicht, kann es sich nach anderen Abschnitten dennoch um einen Baubetrieb handeln, denn nach Abschnitt I und II unterfallen auch Betriebe dem VTV, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen oder bauliche Leistungen erbringen, die der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Stellt man eine Beitragspflicht fest, ist die Sache aber noch nicht geklärt. Denn über § 1 Abs. 2 Abschn. VII VTV kann nun die „Rückausnahme“ greifen. Werden mehr als 50 % bauliche Leistungen erbracht, so kann der Betrieb die Rückausnahme in Abschnitt VII für sich in Anspruch nehmen, wenn er die dort genannten Merkmale zu 20 % erfüllt. Er muss also mit mindestens 20 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Arbeiten ausführen, die ausschließlich den von dem betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerken wie für Maler und Lackierer, Gerüstbauer, Klempner oder Glaser zuzuordnen sind.
Mischbetriebe
Bei Betrieben, die nicht bloß eine, sondern mehrere Tätigkeiten ausüben (Mischbetriebe) kommt es darauf an, welchen Tätigkeiten überwiegend, also mit mehr als 50 % der Kopfstunden nachgegangen wird (BAG, Urt. v. 25.1.2005 – 9 AZR 146/04). Sind Teiltätigkeiten in selbstständigen (organisatorisch eigenständigen) Betriebsteilen organisiert, wird die Frage nach der überwiegenden Tätigkeit bezogen auf jeden Betriebsteil beurteilt (§ 1 Abs. 2 Abschn. VI VTV). Dann kann es auch vorkommen, dass nur ein selbstständiger Betriebsteil eines Unternehmens SOKA-Bau-pflichtig, die übrigen Teile jedoch beitragsfrei sind. Für die Berechnung zählen nur die Arbeitsstunden sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer. Selbstständige, Subunternehmer etc. bleiben bei der Bewertung außen vor. So kann es bspw. schnell passieren, dass ein Unternehmen, das Fertighäuser nach außen sichtbar schlüsselfertig „baut“ und damit sogar auch wirbt, kein Baubetrieb i. S. d. VTV ist, da es sich nur mit Planung und Vertrieb befasst. Nur dann, wenn Arbeiten unter einheitlicher Leitung innerhalb einer organisatorischen Einheit verrichtet werden, kommt es ausnahmsweise zur Berücksichtigung von Subunternehmern (BAG, Urt. v. 14.3.2012 – 10 AZR 610/10).
Eine Besonderheit gilt für klassische Hilfs- und Nebentätigkeiten wie den Materialtransport an die Baustelle, Räum- oder Reinigungsarbeiten. Die hierfür aufgewandte Arbeitszeit stellt keinen eigenen Betriebszweck dar, sondern wird der Haupttätigkeit zugeschlagen und zählt somit als reine Bautätigkeit. Für die Bautätigkeit mit zu berücksichtigen sind nach ständiger Rechtsprechung des BAG diejenigen Vor‑, Nach- und Nebenarbeiten, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Das ist bei Beräumung der Baustelle und bei An- und Abtransporten anzunehmen, wenn lediglich die bei der eigenen Bautätigkeit anfallenden Abfälle und Aushübe entsorgt werden, da deren Entfernungen üblicherweise zur Tätigkeit des Bauunternehmers dazu gehört. Das gilt auch dann, wenn der Aushub durch fremde Transportbetriebe beseitigt werden könnte. Machen diese Nebentätigkeiten jedoch insgesamt mehr als 50 % der betrieblichen Arbeitszeit aus, kippt die Sache. Denn dann wird aus einem beitragspflichtigen Baubetrieb plötzlich ein beitragsfreies Transportunternehmen.
Durch den richtigen „Zuschnitt“ von Betrieben und Betriebsteilen können die Verantwortlichen oft im Rahmen von organisatorischen Maßnahmen den beitragspflichtigen Personenkreis deutlich beschränken oder die Beitragspflicht sogar ganz beseitigen.
5. Haftung des Auftraggebers für ausländische Subunternehmer
§ 14 AEntG sieht vor, dass ein in Deutschland ansässiger Auftraggeber für die Sozialkassenbeiträge seines ausländischen Subunternehmers haftet. Er wird deshalb stets darauf achten, dass der Subunternehmer seine Beiträge auch ordnungsgemäß abgeführt hat.
Unsere Dienstleistungen auf einen Blick
- Einführung in die Problematik der Beitragspflicht, Berechnung möglicher Beitragsanteile
- Tiefenanalyse, ob tatsächlich eine Beitragspflicht besteht unter Berücksichtigung von Tätigkeitsschwerpunkten im Ausland und der konkreten betrieblichen Zustände; ferner Prüfung, inwieweit im Ausland gezahlte Sozialbeiträge mit Beiträgen an die deutsche SOKA-Bau verrechnet werden können
- Beratung in Fragen des Entsenderechts
- Verhandlung mit den deutschen Sozialkassen
- Prozessführung