SOKA-Tarifvertrag unwirksam – Wie geht es weiter?

SOKA-Bau-TV nicht allgemeinverbindlich

Nach­dem der SOKA-Tarif­ver­trag (VTV) vom BAG für die Zeit­räu­me 2008–2011 und 2014 für nicht all­ge­mein­ver­bind­lich erklärt wur­de, stellt sich die Fra­ge, wie es jetzt für Bau­un­ter­neh­mer und ande­re Arbeit­ge­ber wei­ter geht. Neben der bis­her erklär­ten Unwirk­sam­keit der All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung ste­hen für wei­te­re Zeit­räu­me Ver­fah­ren beim Bun­des­ar­beits­ge­richt an:

  • 10 ABR 34/15 (Zwei AVE 2013)
  • 10 ABR 43/15 (AVE 2012)
  • 10 ABR 52/15 (AVE 2005 und 2006)

alle ter­mi­niert auf den 14. Dezem­ber 2016,

  •  sowie 10 ABR 62/16 (AVE 2015), noch nicht terminiert.

Es ist nicht damit zu rech­nen, dass die schrift­li­che Begrün­dung der Beschlüss­se vom 21. Sep­tem­ber 2016 vor dem 14. Dezem­ber 2016 vorliegt.

Hintergrund

Das Gericht begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung damit, dass das für die­se Zeit­räu­me erfor­der­li­che 50%-Quorum nicht aus­rei­chend begrün­det war. Außer­dem hät­ten sich die damals zustän­di­gen Bun­des­mi­nis­ter nicht aus­rei­chend mit dem VTV und sei­ner All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung befasst.

 Wer ist vom Urteil betroffen?

  1. Die Ent­schei­dung des BAG wirkt „für und gegen jeder­mann“. Aus­ge­nom­men sind jedoch tarif­ge­bun­den Arbeit­ge­ber. Sie blei­ben auf Grund ihrer Mit­glied­schaft im Arbeit­ge­ber­ver­band ver­pflich­tet, die Bei­trä­ge zu leis­ten und haben des­halb auch kei­nen Anspruch auf Rückzahlung.
  2. Betrof­fen sind vom Urteil alle nicht tarif­ge­bun­de­nen Arbeit­ge­ber. Das heißt alle Arbeit­ge­ber die nicht Mit­glied in einem tarif­schlie­ßen­den Arbeit­ge­ber­ver­band waren.
  3. Aus­län­di­sche Unter­neh­mer, die in den betrof­fe­nen Zeit­räu­men Arbeit­neh­mer nach Deutsch­land ent­sandt haben, ohne von der SOKA Gegen­leis­tun­gen zu erhal­ten, dürf­ten eben­so betrof­fen sein.
  4. Es spricht viel dafür, dass für die betrof­fe­nen Zeit­räu­me kei­ne Gene­ral­un­ter­neh­mer­haf­tung nach § 14 AEntG bestand.

Bestehen Rückzahlungsansprüche für die betroffenen Zeiträume? Wie sieht es mit Zahlungsverpflichtungen in der Zukunft aus?

Unter­neh­men, die durch einen all­ge­mein­ver­bind­li­chen älte­ren VTV zur Bei­trags­leis­tung ver­pflich­tet waren, sind wahr­schein­lich nicht vom Urteil des BAG betrof­fen. Denn nach über­wie­gen­der Mei­nung gel­ten älte­re Fas­sun­gen des VTV solan­ge wei­ter, wie kei­ne ande­re wirk­sa­me All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung erfolgt ist. Im Ergeb­nis kön­nen sich aber jeden­falls nicht tarif­ge­bun­den Arbeit­ge­ber, wel­che nach dem Mai 2008 ihre Tätig­keit auf­ge­nom­men haben, Hoff­nun­gen auf eine Rück­zah­lung machen.

Welche Ansprüche und Rechte bestehen für die betroffenen Arbeitgeber?

  1. Offe­ne For­de­run­gen der SOKA sind für die betrof­fe­nen Bei­trags­zeit­räu­me 2008–2011 und 2014 nicht mehr begründet.
  2. Bei­trä­ge, wel­che im betrof­fe­nen Bei­trags­zeit­raum geleis­tet wur­den, kön­nen teil­wei­se gem. § 812 BGB zurück­ge­for­dert wer­den. Denn durch das Urteil des BAG ist der Rechts­grund, auf­grund des­sen die Bei­trags­leis­tun­gen an die SOKA erfolgt sind, für die betrof­fe­nen Leis­tungs­zeit­räu­me nach­träg­lich ent­fal­len. Die SOKA kann sich aller­dings auf „Ent­rei­che­rung” beru­fen”, wenn sie das Geld für ande­re Din­ge aus­ge­ge­ben hat. Dafür kom­men vor allem Leis­tun­gen auf­grund ihre­re eige­nen tarif­li­chen Ver­pflich­tun­gen (z.B. Erstat­tung von Urlaubs­ent­gelt etc.) in Fra­ge. Die Erstat­tung der Urlaubs­ver­gü­tung nach § 12 VTV sowie die Urlaubs­ab­gel­tung nach § 13 VTV kann die SOKA sehr wahr­schein­lich gegen rech­nen, zumal die­se Beträ­ge auch den größ­ten Teil der Gesamt­for­de­rung der SOKA-BAU aus­ma­chen. Auch Zah­lun­gen für das Berufs­bil­dungs­ver­fah­ren wird die SOKA gegen­rech­nen kön­nen, nicht jedoch die For­de­run­gen für die Zusatz­ver­sor­gung (§ 15 Abs. 1 VTV), da die SOKA in aller Regel noch kei­ne ent­spre­chen­den Zah­lun­gen geleis­tet haben wird. Dies ist im Ergeb­nis jedoch sehr einzelfallabhängig.
  3. Zah­lun­gen auf Sai­son-Kurz­ar­bei­ter­geld bzw. Win­ter­bau­för­de­rung wer­den nicht zurück­ver­langt wer­den kön­nen, da die SOKA die­se Beträ­ge nur für die Arbeits­agen­tur ein­zieht. Die­se Beträ­ge wer­den nicht auf Grund all­ge­mein ver­bind­li­cher Tarif­ver­trä­ge son­dern auf­grund der Bau­be­trie­be­ver­ord­nung gezahlt, bei der es nicht auf eine wirk­sa­me All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung ankommt.
  4. Soll­te die SOKA in einem Gerichts­ver­fah­ren einen Voll­stre­ckungs­ti­tel gegen ihr Unter­neh­men erwirkt haben, wel­cher noch nicht voll­streckt wur­de, kann die Voll­stre­ckung mit­tels Voll­stre­ckungs­ab­wehr­kla­ge gemäß § 767 ZPO ver­hin­dert wer­den. Vor­aus­set­zung ist, dass Gerich­te dem Urteil eine qua­si geset­zes­än­dern­de Kraft wie bei Urtei­len des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zuspre­chen. Ob das geschieht, bleibt abzuwarten.
  5. Rechts­kräf­tig abge­schlos­se­ne Ver­fah­ren mit freiw­li­iger Zah­lung und bereits voll­streck­te Urtei­le fin­den kei­ne Berücksichtigung. 

Wie wirkt sich das Urteil in der Zukunft aus?

Die All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung des VTV vom 04.05.2016 ist wei­ter­hin wirk­sam. Das bedeu­tet, dass für die Zukunft zunächst eine Bei­trags­pflicht zur SOKA besteht. Die Argu­men­ta­ti­on des BAG für die Unwirk­sam­keit der älte­ren All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­run­gen lässt sich nicht voll­stän­dig auf die jetzt wirk­sa­me All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung über­tra­gen, da sich inzwi­schen die Geset­zes­la­ge geän­dert hat. Es ist jedoch nicht voll­kom­men aus­ge­schlos­sen, dass auch die aktu­ell gel­ten­de All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung an recht­li­chen Män­geln lei­det. Des­halb ist es rat­sam, Bei­trä­ge zunächst nur unter Vor­be­halt zu leis­ten.

Entscheidungen wirklich rechtskräftig?

Wie man hört, beab­sich­tigt die SOKA-Bau, gegen die Beschlüs­se des Bun­des­ar­beits­ge­richts Ver­fas­sungs­be­schwer­de ein­zu­le­gen. Zwar füh­ren die Beschlüs­se des BAG zunächst dazu, dass Bei­trä­ge für die durch die All­ge­mein­ver­bind­li­ch­er­klä­rung betrof­fe­nen Jahr­gän­ge nicht gefor­dert wer­den kön­nen. Die Pra­xis der Arbeits­ge­rich­te hat sich bis­lang in lau­fen­den Ver­fah­ren dar­an ori­en­tiert und setzt Ver­fah­ren für die betrof­fe­nen Jah­re auf Antrag der SOKA zunächst aus, die Ver­fah­ren für noch nicht durch die Beschlüs­se erfass­ten Jah­re (vor allem 2012 und 2013) wer­den zusätz­lich von Amts wegen aus­ge­setzt, um den Aus­gang der Ver­fah­ren am 14. Dezem­ber 2016 abzu­war­ten. Es ist aller­dings davon aus­zu­ge­hen, dass Kla­gen der SOKA-Bau im Anschluss ent­spre­chend den Beschlüs­sen des BAG behan­delt wer­den, dass also Kla­gen abge­wie­sen wer­den, die sich auf Zeit­räu­me erstre­cken, für die eine All­ge­mein­ver­bind­lich­keit der Tarif­ver­trä­ge ver­neint wor­den ist.

Dar­an dürf­te auch eine spä­ter erfolg­rei­che Ver­fas­sungs­be­schwer­de wohl nichts ändern. Hoch pro­ble­ma­tisch ist die Wir­kung der Ver­fas­sungs­be­schwer­de aller­dings für die Fäl­le, in denen Unter­neh­men jetzt von sich aus zu Unrecht gezahl­te Bei­trä­ge von der SOKA-BAU zurück­for­dern. Gibt die Anhän­gig­keit der Ver­fas­sungs­be­schwer­de der SOKA-BAU die Mög­lich­keit, Rück­zah­lun­gen zurück­zu­hal­ten? Wer­den Arbeits­ge­rich­te ihre Ver­fah­ren mög­li­cher­wei­se bis zum Aus­gang eines Ver­fas­sungs­be­schwer­de­ver­fah­rens aus­set­zen? Das sind alles noch Fra­gen, die der­zeit völ­lig unklar sind.

Wie können wir Ihnen helfen?

Ob Rück­for­de­rungs­an­sprü­che an die SOKA bestehen, ist stark vom Ein­zel­fall abhän­gig. Eine Über­prü­fung etwa­iger bestehen­der Ansprü­che lohnt sich jedoch in vie­len Fällen!
Unse­re auf Rechts­strei­tig­kei­ten mit der SOKA spe­zia­li­sier­ten Anwäl­te kön­nen Ihnen hel­fen, eine Ein­schät­zung vor­zu­neh­men und Ansprü­che auf Rück­zah­lun­gen einzuklagen.