Klage der SOKA-Bau über 2,7 Millionen € vom LAG Hessen abgewiesen – AMETHYST-Rechtsanwälte erfolgreich vor Gericht
Die SOKA-Bau (Sozialkassen der Bauwirtschaft) ist für eine Reihe von Sozialkassenverfahren im Baugewerbe zuständig, etwa das Urlaubsverfahren. Stuft die SOKA-Bau eine betriebliche Tätigkeit eines Unternehmens als baugewerblich ein, kann es zu ganz erheblichen Nachzahlungsforderungen der Sozialkasse für die entsprechend fälligen Beiträge kommen. Da sich die Forderungen regelmäßig auch auf zurückliegende Jahre beziehen, können die auf einen Schlag durch eine Klage der SOKA-Bau geforderten Beträge durchaus existenzbedrohend sein.
Ein anschauliches Beispiel für derlei Nachzahlungsforderungen liefert ein Fall unserer Kanzlei, den das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) am 16.12.2022 – Az. 10 Sa 1647/21 SK – rechtskräftig entschieden hat.
Der Sachverhalt ist denkbar simpel, nur die Forderung hatte es in sich: Die SOKA-Bau forderte auf Grundlage des Verfahrenstarifvertrags (VTV) die Nachzahlung von Beiträgen für den Zeitraum von gut dreieinhalb Jahren. Gerichtet war die Forderung an ein Konzernunternehmen, welches bundesweit und mit einem Team von mehr als 300 Mitarbeitenden Wohnungsimmobilien betreut. Das Tätigkeitsfeld des Unternehmens umfasst drei große Aufgabenbereiche: Hausmeisterservice, Gebäudereinigung und Grünarbeiten. Diese Tätigkeit stufte die SOKA-Bau als überwiegend baugewerblich ein und nahm das Konzernunternehmen auf Nachzahlung von Beiträgen in Höhe von 2,7 Millionen € in Anspruch.
Diese Forderung versuchte die SOKA-Bau gerichtlich durchzusetzen und erhob Klage. Wir vertraten das Unternehmen gegen die Beitragsforderungen vor Gericht und waren sowohl in erster als auch in zweiter Instanz erfolgreich.
Zur Begründung der Entscheidung führte das Hessische LAG aus, dass der betriebliche Geltungsbereich des VTV nicht eröffnet sei. Sowohl die Reinigungsleistungen als auch die Grünpflegearbeiten seien entgegen der Auffassung der SOKA-Bau durchweg als baufremd zu bewerten. Zwar sei der Begriff der „Hausmeistertätigkeiten“ im Kontext des Anwendungsbereichs des VTV nicht aussagekräftig, da dies durchaus auch kleinere Instandsetzungsarbeiten oder elektrohandwerkliche Tätigkeiten wie etwa den Austausch von Leuchtmitteln umfassen könne. Diese wären vom VTV erfasst. Nach dem Vortrag der Beklagten ergebe sich jedoch selbst bei großzügiger Schätzung des Anteils von baugewerblichen Tätigkeiten ein Überwiegen baufremder Tätigkeiten.
Der SOKA-Bau war es sodann nicht gelungen, einen geeigneten Beweis zu erbringen, welcher ihre Sichtweise bestätigen würde. Wir zeigten auf, dass die als Klägerin beweisbelastete Sozialkasse für mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit die Ausführung baugewerblicher Tätigkeiten beweisen muss. Nur das Erreichen dieses Schwellenwerts ließe einen Rückschluss auf das Überwiegen solcher Tätigkeiten vor. Als Beweisangebot reichte die SOKA-Bau eine Liste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein. Daraufhin rechneten wir vor, dass die von der SOKA-Bau benannte Anzahl von Zeugen nicht ausreichte, um einen Beweis für mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit antreten zu können. Somit blieb die SOKA-Bau beweisfällig und das LAG Hessen wies die Klage der SOKA-Bau ab.