Kein Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für SOKA-Ausbildungskostenumlage!

Ein wei­te­rer Knal­ler aus Erfurt zur SOKA-Bau! Bei Strei­tig­kei­ten über die Ver­pflich­tung zur Zah­lung der Aus­bil­dungs­kos­ten­um­la­ge (Aus­bil­dungs­för­de­rung) im Bau­ge­wer­be sind nicht die Arbeits­ge­rich­te son­dern allein Zivil­ge­rich­te zustän­dig, ent­schied heu­te das BAG.

Die Entscheidung

Gemäß § 17 des Tarif­ver­trags über das Sozi­al­kas­sen­ver­fah­ren im Bau­ge­wer­be (VTV) vom 3. Mai 2013 idF vom 10. Dezem­ber 2014 haben „Betrie­be“, auch wenn sie kei­ne gewerb­li­chen Arbeit­neh­mer beschäf­ti­gen, zur Auf­brin­gung der tarif­li­chen Leis­tun­gen im Berufs­bil­dungs­ver­fah­ren einen jähr­li­chen Bei­trag (Aus­bil­dungs­kos­ten­um­la­ge zur Aus­bil­dungs­för­de­rung) von min­des­tens 900,00 Euro zu zah­len. Die­se Rege­lung war seit ihrer Ein­füh­rung extrem umstrit­ten, wes­halb hun­der­te Pro­zes­se bei Arbeits­ge­rich­ten anhän­gig sind, in denen sich Betrie­be ohne Arbeit­neh­mer gegen ihre Zah­lungs­pflicht wehren.

Nun hat­ten die Vor­in­stan­zen den Rechts­weg zu den Gerich­ten für Arbeits­sa­chen in eigent­lich allen bis­he­ri­gen Ver­hah­ren für zuläs­sig erklärt. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt in der ange­grif­fe­nen Ent­schei­dung hat­te ange­nom­men, dies fol­ge aus § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG. Zwar beschäf­tig­ten die betrof­fe­nen Unter­neh­men kei­ne Arbeit­neh­mer. Den­noch wür­den sie wie ein Arbeit­ge­ber in Anspruch genom­men. Der Neun­te Senat des BAG hat den Rechts­streit auf die Rechts­be­schwer­de des Beklag­ten an das ört­lich zustän­di­ge Amts­ge­richt ver­wie­sen. Denn, so das BAG, der Rechts­weg zu den Gerich­ten für Arbeits­sa­chen sei nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG gege­ben. Dies setz­te einen Rechts­streit zwi­schen SOKA-Bau und einem Arbeit­ge­ber vor­aus. Dar­an fehlt es kon­kret, da der Beklag­te kei­ne Arbeit­neh­mer beschäf­ti­ge. Arbeit­ge­ber iSd. ArbGG sei regel­mä­ßig nur der­je­ni­ge, der min­des­tens einen Arbeit­neh­mer oder eine arbeit­neh­mer­ähn­li­che Per­son iSv. § 5 ArbGG beschäf­ti­ge. Nach § 13 GVG ist des­halb der Rechts­weg zu den ordent­li­chen Gerich­ten gegeben.

Bewertung

Die Ent­schei­dung ist in zwei­er­lei Hin­sicht bri­sant. Zum Einen ist die SOKA-Bau nun gezwun­gen, sämt­li­che bei Arbeits­ge­rich­ten anhän­gi­ge Kla­gen zurück­zu­neh­men und ihr Glück bei den jeweils ört­lich zustän­di­gen Amts­ge­rich­ten zu ver­su­chen. Dann trägt sie anders als bei den Arbeits­ge­rich­ten jedoch das vol­le Kos­ten­ri­si­ko bei einem Unter­lie­gen – und kann sich nicht mehr auf vor­han­de­nen Sach­ver­stand von Spe­zi­al­kam­mern ver­las­sen, son­dern hat es bei Amts­ge­rich­ten mit arbeits­recht­li­chen Lai­en zu tun, was für unge­wis­se Pro­zess­aus­gän­ge spricht.

Zum ande­ren muss die Ent­schei­dung im Kon­text mit den BAG Ent­schei­dun­gen zur (feh­len­den) All­ge­mein­ver­bind­lich­keit des VTV gese­hen wer­den. Zwar hat der Gesetz­ge­ber die­se im Nach­hin­ein durch das „SOKA-SiG” kor­ri­giert. Es ist indes kein Geheim­nis, dass man beim 9. Senat nicht über­mä­ßig glück­lich über die­se gesetz­ge­be­ri­sche Kor­rek­tur war…

Wie geht es weiter

Es ist nicht aus­zu­schlie­ßen, dass mit die­ser Ent­schei­dung das Ende der Aus­bil­dungs­kos­ten­um­la­ge besie­gelt wur­de. Es gab schon immer eine Rei­he von Argu­men­ten dage­gen, die Unver­hält­nis­mä­ßig­keit und feh­len­de Här­te­fall­re­ge­lun­gen sei­en bei­spiel­haft zu nen­nen. Ob die SOKA-Bau vor die­sem Hin­ter­grund tat­säch­lich den zivil­recht­li­chen Instan­zen­weg beschrei­ten wird, ist des­halb äußerst frag­wür­dig. Ob der Gesetz­ge­ber noch ein­mal mit einem wei­te­ren Siche­rungs­ge­setz zu Hil­fe eilt, darf eben­falls bezwei­felt werden.
Bun­des­ar­beits­ge­richt, Beschluss vom 1. August 2017 – 9 AZB 45/17 -
Vor­in­stanz: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Beschluss vom 8. Mai 2017